Die zehn umsatzstärksten Medikamente 2024: Innovation, Wandel und neue Blockbuster. Blog#192

Nach dem pandemiebedingten Ausnahmezustand erlebte der Pharmamarkt im Jahr 2024 eine robuste Rückkehr zu Wachstum. Getragen wurde dieser Aufschwung von bahnbrechenden Innovationen in der Onkologie und Immunologie sowie der sogenannten "metabolischen Revolution" durch neue Diabetes- und Adipositas-Therapien.

Mit einem zugrunde liegenden Wachstum von 9,2 % (bereinigt um den Einfluss von COVID-19-Produkten) hat sich der globale Pharmamarkt eindrucksvoll von den Pandemiejahren erholt. Die USA waren dabei der größte Wachstumstreiber, mit einem Zuwachs von 13,0 % auf 509 Milliarden US-Dollar und einem Anteil von 45,3 % am Weltmarkt.

Während ehemalige Blockbuster wie Humira und die COVID-19-Impfstoffe an Bedeutung verloren, rückten neue Stars ins Rampenlicht. Besonders auffällig ist die explosionsartige Nachfrage nach GLP-1-Rezeptoragonisten wie Ozempic und Mounjaro sowie die anhaltende Dominanz der Immunonkologie. Doch auch regulatorischer Druck, wie der US-Inflation Reduction Act (IRA), und die bevorstehende Patentklippe prägen die Branche maßgeblich.

Hier sind die zehn umsatzstärksten Medikamente des Jahres 2024, die Gründe für ihren Erfolg und die voraussichtliche Umsatzentwicklung in den kommenden Jahren.


1. Keytruda (Pembrolizumab, Merck & Co.)

  • Typ: Monoklonaler Antikörper (Biologikum) – bindet gezielt an den PD-1-Rezeptor auf Immunzellen, um das Immunsystem zu befähigen, Krebszellen effektiver zu bekämpfen.
  • Indikation: Über 40 Krebsarten, darunter Lungenkrebs, Melanom, Blasen-, Brust-, Magen- und Kopf-Hals-Tumoren.
  • Umsatz 2024: 29,5 Mrd. USD

Warum so erfolgreich? Keytruda hat die Krebstherapie revolutioniert. Als PD-1-Inhibitor aktiviert es das körpereigene Immunsystem gegen Tumorzellen. Die breite Zulassungspalette und kontinuierliche Indikationserweiterungen sichern eine riesige Patientengruppe. Mit Behandlungskosten im sechsstelligen Bereich pro Jahr wird der Umsatz sowohl durch den hohen Preis als auch die weite Anwendung getrieben.

Zukunft: Erwartetes Wachstum bis 2028. Danach drohen durch Patentablauf und Biosimilars Umsatzrückgänge. Merck investiert aktiv in Nachfolgeprodukte und neue Formulierungen, um diesen Rückgang abzufedern.


2. Eliquis (Apixaban, Bristol Myers Squibb/Pfizer)

  • Typ: Small Molecule (orales Antikoagulans) – ermöglicht eine vereinfachte Dosierung ohne routinemäßige Gerinnungskontrollen, die bei älteren Gerinnungshemmern notwendig waren.
  • Indikation: Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern, Thromboseprophylaxe, Lungenembolie.
  • Umsatz 2024: 20,7 Mrd. USD

Warum so erfolgreich? Eliquis ist das weltweit führende Gerinnungshemmer-Medikament – einfach in der Anwendung und ohne die regelmäßigen Blutkontrollen, die beispielsweise bei Warfarin erforderlich sind. Die breite Anwendung bei Millionen älteren Patienten sorgt für hohe Stückzahlen, selbst bei einem moderaten Preis pro Tag (ca. 10 USD).

Zukunft: Patentablauf in Europa und den USA ab 2026/2028. Ab 2026 kommen zusätzlich US-Preisverhandlungen mit potenziellen Preisreduktionen von bis zu 56 % hinzu. Der Umsatz wird ab 2026/27 deutlich sinken.


3. Ozempic (Semaglutid, Novo Nordisk)

  • Typ: Peptid (GLP-1-Rezeptoragonist, wöchentliche Injektion) – ähnelt dem natürlichen Darmhormon GLP-1 und verbessert die Blutzuckerkontrolle mit weiteren positiven Effekten.
  • Indikation: Typ-2-Diabetes, kardiovaskulärer Schutz, neuerdings auch chronische Nierenerkrankung.
  • Umsatz 2024: 16,7 Mrd. USD

Warum so erfolgreich? Ozempic steht für einen Paradigmenwechsel in der Stoffwechselmedizin: Es senkt nicht nur den Blutzucker, sondern reduziert auch das Gewicht und schützt Herz und Niere. Der Hype um die Off-Label-Anwendung zur Gewichtsreduktion treibt die Nachfrage enorm an. Der Preis liegt bei ca. 300–400 USD pro Monat, der Umsatz wird jedoch hauptsächlich durch das hohe Volumen generiert.

Zukunft: Weiteres Wachstum durch neue Indikationen und Marktexpansion. Mittelfristig drohen jedoch Preisregulierung und Generika in einigen Märkten ab 2026.


4. Dupixent (Dupilumab, Sanofi/Regeneron)

  • Typ: Monoklonaler Antikörper (Biologikum) – blockiert spezifische Rezeptoren, die an entzündlichen Prozessen bei atopischen Erkrankungen beteiligt sind. Eine wichtige Behandlungsoption bei schweren Entzündungskrankheiten.
  • Indikation: Atopische Dermatitis, Asthma, Nasenpolypen, eosinophile Ösophagitis, Prurigo nodularis, COPD, chronische Urtikaria.
  • Umsatz 2024: 13,6 Mrd. USD

Warum so erfolgreich? Dupixent ist das erste Biologikum für viele Typ-2-Entzündungskrankheiten und bietet Patienten, die mit Standardtherapien nicht zurechtkommen, einen echten Durchbruch. Die Behandlung kostet oft über 30.000 USD pro Jahr. Der Umsatz steigt durch stetige Indikationserweiterungen und die lange Therapiedauer.

Zukunft: Weiteres Wachstum durch neue Indikationen (z.B. COPD, Urtikaria). Keine Biosimilars vor 2031 erwartet.


5. Biktarvy (Bictegravir/Emtricitabin/Tenofovir-Alafenamid, Gilead Sciences)

  • Typ: Small Molecule – Kombinationspräparat aus drei antiretroviralen Wirkstoffen. Als "Single-Tablet-Regime" (STR) muss der Anwender nur eine Tablette täglich einnehmen, was Komfort und Adhärenz erheblich verbessert.
  • Indikation: HIV-Infektion (Erstlinientherapie und für Patienten mit stabiler Viruslast).
  • Umsatz 2024: 13,4 Mrd. USD

Warum so erfolgreich? Biktarvy vereint drei hochwirksame HIV-Medikamente in einer einzigen täglichen Tablette. Das vereinfacht die Therapie, steigert die Adhärenz und ist in Leitlinien als Goldstandard etabliert. Die Jahreskosten liegen bei 20.000–30.000 USD. Der Umsatz ist volumengetrieben durch die chronische, lebenslange Anwendung.

Zukunft: Stabil bis leicht wachsend, mit Patentschutz bis mindestens 2027/2033. Neuartige Therapien wie Long-Acting-Injektionen könnten den Markt verändern. Ab 2027-2028 könnte Biktarvy in die IRA-Preisverhandlungen geraten.


6. Jardiance (Empagliflozin, Boehringer Ingelheim/Eli Lilly)

  • Typ: Small Molecule (SGLT2-Inhibitor, Tablette) – sorgt dafür, dass mehr Zucker über die Nieren ausgeschieden wird. Für den Anwender bedeutet dies eine Verbesserung der Blutzuckerkontrolle und darüber hinaus Schutzwirkungen für Herz und Nieren.
  • Indikation: Typ-2-Diabetes, Herzinsuffizienz, chronische Nierenerkrankung.
  • Umsatz 2024: 12,8 Mrd. USD

Warum so erfolgreich? Jardiance punktet durch kardiovaskulären und renalen Schutz über die Blutzuckersenkung hinaus. Die Tablette ist einfach einzunehmen und die Indikationen wurden stetig erweitert. Die Kosten liegen bei ca. 5–10 USD pro Tag.

Zukunft: Weiteres Wachstum, jedoch droht ab 2027 durch Patentablauf ein Umsatzrückgang.


7. Skyrizi (Risankizumab, AbbVie)

  • Typ: Monoklonaler Antikörper (Biologikum) – blockiert Interleukin-23, einen Botenstoff, der bei entzündlichen Autoimmunerkrankungen eine Rolle spielt. Bietet hohe Wirksamkeit und oft eine vierteljährliche Injektion, was den Therapiekomfort erhöht.
  • Indikation: Plaque-Psoriasis, Psoriasis-Arthritis, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa.
  • Umsatz 2024: 11,7 Mrd. USD

Warum so erfolgreich? Die hohe Wirksamkeit, bequeme Dosierung (vierteljährlich) und neue Indikationen treiben das Wachstum (+51 % in 2024) an. Die Jahreskosten liegen bei 60.000–80.000 USD.

Zukunft: Weiteres Wachstum durch Indikationserweiterungen. Keine Biosimilars vor 2030 erwartet.


8. Darzalex (Daratumumab, Johnson & Johnson)

  • Typ: Monoklonaler Antikörper (Biologikum) – zielt auf das CD38-Protein auf multiplen Myelomzellen ab. Verfügbar sowohl als intravenöse als auch als subkutane Formulierung (Darzalex Faspro), wobei letztere die Verabreichungszeit von Stunden auf Minuten reduziert.
  • Indikation: Multiples Myelom (verschiedene Stadien und Kombinationen).
  • Umsatz 2024: 11,7 Mrd. USD

Warum so erfolgreich? Darzalex ist der Standard in der Behandlung des multiplen Myeloms und wird zunehmend in früheren Therapielinien eingesetzt. Die subkutane Formulierung (Darzalex Faspro) erhöht den Patientenkomfort. Die Behandlungskosten liegen bei rund 100.000 USD pro Jahr.

Zukunft: Weiteres Wachstum durch neue Kombinationen und Indikationen. Patentschutz für die SC-Formulierung bis 2040.


9. Mounjaro (Tirzepatid, Eli Lilly)

  • Typ: Peptid (dual GIP/GLP-1-Agonist, wöchentliche Injektion) – ahmt die Wirkung zweier Inkretinhormone nach und ermöglicht dadurch eine überlegene Blutzuckerkontrolle und Gewichtsreduktion.
  • Indikation: Typ-2-Diabetes (Zepbound: Adipositas).
  • Umsatz 2024: 11,5 Mrd. USD

Warum so erfolgreich? Mounjaro ist der Shooting-Star des Jahres: Es wirkt noch stärker als Ozempic bei Blutzucker- und Gewichtsreduktion. Die Nachfrage ist so groß, dass es zeitweise Lieferengpässe gab. Die Kosten liegen bei ca. 1.000 USD pro Monat.

Zukunft: Explosives Wachstum durch globale Markteinführung, besonders im Adipositasmarkt. Analysten erwarten für 2025 einen Umsatzsprung auf über 18 Mrd. USD.


10. Stelara (Ustekinumab, Johnson & Johnson)

  • Typ: Monoklonaler Antikörper (Biologikum) – blockiert Interleukin-12 und Interleukin-23, die an entzündlichen Prozessen bei Autoimmunerkrankungen beteiligt sind.
  • Indikation: Plaque-Psoriasis, Psoriasis-Arthritis, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa.
  • Umsatz 2024: 10,8 Mrd. USD

Warum so erfolgreich? Die breite Anwendung bei chronischen Autoimmunerkrankungen und die hohen Therapiekosten (ca. 13.000 USD pro Injektion) sicherten den Blockbuster-Status.

Zukunft: Ab 2025 ist ein starker Umsatzrückgang durch Biosimilars und Preisverhandlungen (IRA) zu erwarten. Stelara wird voraussichtlich aus den Top-10 verdrängt.


Fazit und Ausblick

Der Pharmamarkt des Jahres 2024 zeichnete sich durch anhaltend kräftiges Wachstum in den Bereichen Onkologie, Immunologie und insbesondere bei Stoffwechselerkrankungen aus – getragen von neuartigen Wirkstoffen mit breiten Anwendungsfeldern und nachgewiesenem klinischem Zusatznutzen. 

Zugleich stehen die Unternehmen unter steigendem Druck durch auslaufende Patente und verschärfte regulatorische Vorgaben wie den „Inflation Reduction Act (IRA)“. Um ihre Ertragskraft jenseits des Patentschutzes langfristig zu sichern, setzen sie daher verstärkt auf Lifecycle-Management, eine breit diversifizierte Produktpalette und die Entwicklung von Wirkstoffen mit multifunktionalen Mechanismen. 

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Verantwortlicher: Klaus Rudolf; Kommentare und Fragen bitte an: rudolfklausblog@gmail.com
Auf diesem Blog teile ich meine persönlichen Meinungen und Erfahrungen . Es ist wichtig zu betonen, dass ich weder Arzt noch Finanzberater bin. Jegliche Informationen, die ich in meinem Blog vorstelle, stellen weder Anlageempfehlungen noch Therapieempfehlungen dar. Für fundierte Entscheidungen in Bezug auf Gesundheitsfragen oder Finanzanlagen empfehle ichsich umfassend zu informieren und bei Bedarf einen professioniellen Experten zu konsultieren.
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