Krisensicher investieren: Welche Vermögenswerte sich in 125 Jahren bewährt haben. Blog#209

Krisen sind ein wiederkehrendes Phänomen in der Wirtschaftsgeschichte – von Hyperinflation und Deflation über Währungsreformen bis hin zu Finanzkrisen und Pandemien. Für Privatanleger stellt sich daher immer wieder die Frage: Welche Vermögenswerte überstehen stürmische Zeiten am besten? Die deutsche Wirtschaftsgeschichte der letzten 125 Jahre bietet eine gute Datengrundlage, um diese Frage zu beantworten.

Untersuchte Vermögenswerte und Methodik

Die Analyse basiert auf sieben Krisen der deutschen Wirtschaftsgeschichte seit 1900. 
  1. Hyperinflation 1922/23
  2. Weltwirtschaftskrise 1929–1932
  3. Zerstörung & Währungsreform 1945–1948
  4. Ölkrisen & Stagflation 1973–1982
  5. Wiedervereinigung & Rezession 1990–1993
  6. Globale Finanzkrise 2008–2009
  7. COVID-19-Schock & Energiepreiskrise 2020–2023
Folgende Anlageklassen wurden untersucht:
  • Bargeld und Geldmarktanlagen
  • Staats- und Unternehmensanleihen
  • Global gestreute Aktienportfolios
  • Gold
  • Wohnimmobilien
Im Fokus stand die reale Wertentwicklung (inflationsbereinigte Rendite) sowie Aspekte wie Liquidität, Volatilität, maximale Verluste, Erholungsdauer und staatliche Eingriffe.

Erkenntnisse zu einzelnen Anlageklassen


Bargeld/ Geldmarkt und Staatsanleihen: Begrenzter Schutz mit Ablaufdatum
Bargeld und klassische Staatsanleihen verlieren in inflationsgeprägten und systemischen Krisen oft deutlich an realem Wert:
  • Hyperinflation 1922/23: Bargeld/ Geldmarkt und Anleihen wurden nahezu wertlos.
  • Währungsreform 1948: Bargeld und Sparguthaben verloren bis zu 95 % ihres Wertes; deutsche Staatsanleihen wurden im Zuge der Währungsreform vollständig entwertet.
  • Deflation 1929–1932: Bargeld gewann an Kaufkraft, doch zahlreiche Banken gingen in Konkurs. Viele Einlagen wurden gesperrt oder gingen verloren, was den Zugang zu Bargeld faktisch stark einschränkte.
  • Stagflation 1970er, Inflation 2022: Realverluste trotz steigender Nominalzinsen.
  • Finanzkrise 2008/09: Hochwertige Staatsanleihen gewannen, andere verloren.
Fazit: Bargeld / Geldmarktanlagen und Anleihen bieten nur in Deflationsphasen oder bei besonders zuverlässigen Herausgebern (z. B. Staaten mit sehr guter Kreditwürdigkeit) vorübergehenden Schutz. In Inflations- und Systemkrisen drohen erhebliche reale Verluste bis hin zum Totalverlust, wie etwa bei deutschen Staatsanleihen nach der Währungsreform 1948. Die durchschnittliche reale Rendite zwischen 1900 und 2024 lag bei rund −1,5 % für Geldmarkteinlagen und −0,5 % für Staatsanleihen.

Aktien: Produktivkapital mit Langfristvorteil
Aktien, vor allem global gestreute Portfolios, sind langfristig die renditestärkste Anlageform, zeigen aber hohe kurzfristige Volatilität (Kursschwankungen):
  • Hyperinflation 1922/23: Deutsche Aktien hielten teilweise die Kaufkraft; US-Aktien schützten vollständig.
  • Deflation 1929–1932: Realer Verlust bis zu 50 %, Erholungsdauer etwa 10 Jahre.
  • Währungsreform 1948: Globale Aktien z.B. US-Aktien boten hervorragenden Schutz vor Währungsschnitt
  • Stagflation & Finanzkrise: Deutliche Einbrüche, aber schnellere Erholung als andere Anlagen.
Fazit: Aktien sind Wachstumsträger im Portfolio. Eine breite, globale Streuung und langfrister Anlagehorizont sind entscheidend. Die durchschnittliche reale Rendite im Zeitraum 1900 bis 2024 lag bei rund 5,3 % p.a.

Gold: Wertspeicher in Extremsituationen
Gold zeigte sich in den meisten Krisen als besonders stabiler Vermögenswert:
  • Hyperinflation & Währungsreform: Gold bewahrte oder steigerte die Kaufkraft deutlich.
  • Stagflation in den 1970er: Wertsteigerung um das 8- bis 10-Fache.
  • Finanzkrise & COVID-19: Positive Realrenditen.
Staatliche Eingriffe wie Goldverbote (1923 in Deutschland, 1933 in den USA) stellen jedoch ein Restrisiko dar. 

Fazit: Gold ist eine effektive Absicherung gegen Währungs- und Systemkrisen, allerdings keine laufende Ertragsquelle. Die durchschnittliche reale Rendite im Zeitraum 1900 bis 2024 lag bei rund 0,7 % p.a.

Immobilien: Sachwert mit Einschränkungen
Immobilien gelten als werthaltig, jedoch sind sie nicht in jeder Krise gleich widerstandsfähig:
  • Inflationsphasen (z. B. Hyperinflation 1922/23): Immobilien boten guten Werterhalt, insbesondere bei kreditfinanzierter Anschaffung.
  • Deflationsphasen (z. B. Weltwirtschaftskrise 1929–32): Starke reale Verluste; viele Eigentümer mussten Zwangsverkäufe hinnehmen.
  • Globale Finanzkrise 2008–2009: Wohnimmobilien in Deutschland erwiesen sich als bemerkenswert stabil.
  • Staatliche Eingriffe: Immer wieder Belastungen durch Maßnahmen wie Hauszinssteuer, Lastenausgleich und Mietendeckel - weitere Details hierzu im folgenden Abschnitt.
Fazit: Immobilien bieten langfristig Substanzschutz, sind aber anfällig für Regulierung und Illiquidität. Die reale Durchschnittsrendite im Zeitraum 1900 bis 2024 betrug rund 2,5 % p.a.

Staatliche Eingriffe: Relevante Einflussfaktoren auf Vermögenswerte

Staatliche Maßnahmen haben immer wieder erheblichen Einfluss auf die Stabilität und Resilienz von Vermögenswerten genommen. Historische Beispiele zeigen, wie gesetzliche Eingriffe den Zugang, die Nutzung und die Erträge von Vermögenswerten stark beeinträchtigen können.
  • Goldverbote: In wirtschaftlichen Krisenzeiten wurde der private Besitz von physischem Gold häufig eingeschränkt oder verboten, um Währungsstabilität zu sichern und Kapitalflucht zu verhindern. So wurde in Deutschland 1923 während der Hyperinflation der private Goldbesitz stark reguliert. In den USA wurde 1933 unter Präsident Roosevelt der private Goldbesitz per Executive Order verboten, um die Goldreserven der Zentralbank zu stärken. Dieses Verbot galt bis 1975. Während dieser Zeit war der Handel mit Gold stark eingeschränkt, und die Lagerung war nur über staatlich genehmigte Stellen erlaubt.
  • Hauszinssteuer (1924): Die Hauszinssteuer war eine Sonderabgabe auf Mieteinnahmen von Immobilien, die 1924 in Deutschland eingeführt wurde. Ziel war es, inflationsbedingte Vermögensvorteile auszugleichen, da viele Immobilienbesitzer durch die Hyperinflation faktisch entschuldet waren. Eigentümer mussten einen jährlich steigenden Anteil ihrer Mieteinnahmen an den Staat abführen – zunächst etwa 15%, später bis zu 60%. Diese Steuer wurde über mehrere Jahrzehnte erhoben und belastete die laufenden Erträge aus Mietimmobilien erheblich, was deren Attraktivität langfristig minderte.
  • Lastenausgleich (1952): Nach dem Zweiten Weltkrieg führte die Bundesrepublik Deutschland den Lastenausgleich ein, eine Ausgleichsabgabe, die Immobilienbesitzer verpflichtete 50% des geschätzten Marktwerts ihrer Grundstücke und Gebäude zum Stichtag 21. Juni 1948 abzuführen. Die Abgabe wurde in festen Raten über 30 Jahre gezahlt. Ziel war die Umverteilung von Vermögenswerten zugunsten von Kriegsgeschädigten und Vertriebenen, um soziale Gerechtigkeit und Wiederaufbau zu fördern.
  • Mietendeckel und Zwangsmaßnahmen: In jüngerer Zeit haben staatliche Eingriffe wie Mietpreisbremsen, Mietendeckel oder Mietenmoratorien (beispielsweise während der COVID-19-Pandemie 2020, als Kündigungen wegen Mietrückständen zeitweise ausgesetzt wurden) die Ertragsmöglichkeiten von Immobilienbesitzern eingeschränkt. Auch Zwangsverwaltungen, etwa in der Nachkriegszeit in Berlin, bei denen Wohnraum unter staatliche Verwaltung gestellt wurde, führten dazu, dass Eigentümer ihre Immobilien nicht frei verwalten oder Mieten nicht frei festsetzen konnten. Diese Maßnahmen reduzierten die Erträge und schränkten die Kontrolle über das Eigentum deutlich ein.
Fazit: Auch Sachwerte wie Immobilien oder Gold sind nicht vollständig vor staatlichen Eingriffen geschützt. Staatliche Maßnahmen können den Wert, die Nutzung und die Ertragskraft von Vermögenswerten erheblich beeinflussen. Daher bleibt eine breite Diversifikation der Anlagen ein zentrales Instrument, um Risiken zu streuen und die Resilienz des Gesamtportfolios zu erhöhen.

Handlungsempfehlungen für ein krisenfestes Portfolio

  1. Multidimensionale Diversifikation: Nicht nur über Asset-Klassen, sondern über Währungen und Rechtssysteme streuen, um landesspezifische Enteignungs- oder Steuergefahren zu reduzieren .
  2. Globale Aktien als Wachstumsmotor: Langfristig beste Realrenditen; Drawdowns bis –70 % müssen jedoch mental und finanziell ausgehalten werden.
  3. Goldanteil (5–10%): Gold schützt in Systemkrisen effektiv den Portfoliowert, schwankt jedoch stark und liefert keine laufenden Erträge.
  4. Bonitätsstarke Kurzläufer als Deflationspuffer: Kurzlaufende Staatsanleihen von sehr kreditwürdigen Ländern (z. B. Deutschland) reagieren kaum auf Zinsschwankungen und gelten in Deflationsphasen als relativ sicher. Sie bieten Stabilität, sind aber bei Inflation wenig rentabel.
  5. Liquiditätsreserve (5–10%): Eine Liquiditätsreserve von 5–10 % ermöglicht es, in Krisen gezielt antizyklisch zu investieren.
  6. Gegebenenfalls Beimischung von Immobilien: Ein Eigenheim schützt vor Mietinflation; vermietete Objekte bieten laufende Erträge, sind aber wenig flexibel und bei Regulierung stark exponiert (z. B. Mietendeckel, Lastenausgleich).
  7. Regulierungs- und Steuerrisiken berücksichtigen: Szenarien wie Vermögensabgaben oder Goldverbote frühzeitig durchdenken. Vermögenswerte im Ausland oder in ETF-Strukturen können staatlichen Zugriff im Ernstfall erschweren, da sie rechtlich komplexer und schwerer zugänglich sind.
  8. Psychologische Resilienz: Entscheidend ist oft nicht die Strategie, sondern das Durchhaltevermögen. Mentale Stresstests – etwa ein plötzlicher Kursrückgang von 70 % – fördern realistische Erwartungen und helfen, Panikverkäufe zu vermeiden.

Fazit

Ein universell krisensicherer Vermögenswert existiert nicht. Je nach Art der Krise schützen unterschiedliche Anlageklassen:

  • In Zeiten hoher Inflation bieten reale Sachwerte wie Immobilien, Aktien und Gold oft Werterhalt oder Zuwachs. 
  • In Deflationsphasen sind liquide Geldwerte wie Bargeld, Tagesgeld oder kurzlaufende Staatsanleihen stabiler, da ihre Kaufkraft steigt. 
  • Bei Systemrisiken – also politischen Umbrüchen, Staatsbankrotten oder Währungsreformen – schützt vor allem die Streuung des Vermögens über verschiedene Länder, Währungen und Rechtssysteme.

Ein robustes Portfolio kombiniert globale Aktien, Gold, kurzlaufende Anleihen, eine ausreichende Liquiditätsreserve und bei Bedarf Immobilien. 

Letztlich sollte jeder Privatanleger eine individuell passende Anlagestrategie entwickeln – entweder eigenständig oder mit Unterstützung eines vertrauenswürdigen Honorarberaters – und diese regelmäßig, etwa einmal jährlich, überprüfen und bei Bedarf an veränderte Rahmenbedingungen anpassen.
____________________________________________________________________________________________________
Verantwortlicher: Klaus Rudolf; Kommentare und Fragen bitte an: rudolfklausblog@gmail.com
Auf diesem Blog teile ich meine persönlichen Meinungen und Erfahrungen . Es ist wichtig zu betonen, dass ich weder Arzt noch Finanzberater bin. Jegliche Informationen, die ich in meinem Blog vorstelle, stellen weder Anlageempfehlungen noch Therapieempfehlungen dar. Für fundierte Entscheidungen in Bezug auf Gesundheitsfragen oder Finanzanlagen empfehle ichsich umfassend zu informieren und bei Bedarf einen professioniellen Experten zu konsultieren.

Posts

Steueroptimierung für Dein Aktien-ETF-Portfolio! Blog#87

Der Interne Zinsfuß und seine Bedeutung für Aktien-Anleger! Blog#67

Vermögensaufbau und Altersvorsorge – meine Erfahrungen der letzten 35 Jahre! Blog#2

NNC2215: Ein intelligentes Insulin zur Transformation der Diabetesbehandlung! Blog#127

Paxlovid - eine hochwirksame Pille für Covid-19? Blog#1

„Die with Zero“: Die Kunst, Geld für Lebenserlebnisse zu nutzen. Blog#92

Aktien-Weltportfolio mit ETFs! Blog#45

Wegovy® (Semaglutid) - ein neues, gut wirksames Medikament zur Gewichtsreduktion! Blog#13

Overnight Oats: Wissenschaftliche Erkenntnisse zu gesunden Haferflocken. Blog#151

Persönlicher Rückblick auf das Börsenjahr 2024 und Ausblick 2025! Blog#144