Breit wirksames Antigift gegen Schlangenbisse – ein ganz besonderer Forschungsansatz. Blog#186
Schlangenbisse sind eine unterschätzte globale Gesundheitsgefahr. Jährlich werden weltweit rund 5,4 Millionen Menschen gebissen, etwa 80.000 bis 100.000 sterben daran, bis zu 400.000 erleiden dauerhafte Schäden wie Amputationen oder Sehverlust. Besonders betroffen sind Menschen in ländlichen Regionen tropischer Länder, wo medizinische Versorgung oft fehlt.
Das Problem herkömmlicher Antivenome
Die Giftwirkung von Schlangen wird vor allem durch zwei Klassen von Giften vermittelt. Zum einen sind dies die
- Neurotoxine, die sich in langkettige und kurzkettige Formen unterteilen. Sie blockieren die Signalübertragung an den nikotinischen Acetylcholinrezeptoren (nAChRs) und führen dadurch zu lebensbedrohlichen Lähmungen.
- Zum anderen spielt das Enzym Phospholipase A2 (PLA2) eine zentrale Rolle. PLA2 zerstört Gewebe, fördert Blutungen und ruft schwere Entzündungsreaktionen hervor.
Während es bereits einen niedermolekularen Hemmstoff des PLA2-Enzyms - Vorespladib - gibt müssen die Gegengifte (Antivenome) für die Neurotoxine meist aus dem Blut immunisierter Tiere wie Pferden oder Schafen gewonnen werden. Sie sind hochspezifisch und wirken meist nur gegen das Gift einzelner oder weniger verwandter Schlangenarten. Angesichts von über 600 giftigen Schlangenarten weltweit gibt es für viele Arten kein spezifisches Gegengift. Hinzu kommt, dass nach einem Biss die Schlangenart oft nicht eindeutig identifiziert werden kann, was die gezielte Behandlung erschwert. Zudem bergen tierische Antivenome erhebliche Risiken für Nebenwirkungen wie die Serumkrankheit.
Im Blut von Friede wurden zwei Antikörper mit außergewöhnlich breitem Wirkungsspektrum identifiziert: LNX-D09 (gegen langkettige Neurotoxine) und SNX-B03 (gegen kurzkettige Neurotoxine). Diese richten sich gegen die wichtigsten Nervengifte (Neurotoxine) der Giftnattern (Elapidae), die durch Blockade der nikotinischen Acetylcholinrezeptoren zu Lähmungen führen.
Ein innovativer Ansatz: Der hyperimmune Spender
Ein US-Forschungsteam hat einen neuartigen - sehr ungewöhnlichen - Weg eingeschlagen: Sie nutzten das Blut von Timothy Friede, der sich über 18 Jahre hinweg freiwillig 856 Mal mit Schlangengift exponierte (!) und so eine außergewöhnliche Immunität entwickelte. Aus seinen B-Zellen isolierten die Forschenden die Gene für menschliche Antikörper, die gegen zahlreiche Schlangengifte wirksam sind (LINK). Humane Antikörper haben den Vorteil, dass sie weniger allergische Reaktionen auslösen und gentechnisch in Zellkulturen produziert werden können.Im Blut von Friede wurden zwei Antikörper mit außergewöhnlich breitem Wirkungsspektrum identifiziert: LNX-D09 (gegen langkettige Neurotoxine) und SNX-B03 (gegen kurzkettige Neurotoxine). Diese richten sich gegen die wichtigsten Nervengifte (Neurotoxine) der Giftnattern (Elapidae), die durch Blockade der nikotinischen Acetylcholinrezeptoren zu Lähmungen führen.
Die Antikörper binden an evolutionär konservierte Regionen der Toxine und verhindern so deren Wirkung. Strukturanalysen bestätigten, dass die Antikörper die Bindung der Toxine an den Rezeptor blockieren.

Abbildungen übernommen aus: LINK.
Dieser Dreikomponenten-Cocktail ist ein entscheidender Schritt hin zu einem breit wirksamen, rekombinanten Antigift gegen Giftnattern (Elapiden). Weitere präklinische Studien zur Optimierung und Sicherheit laufen bereits.

Abbildungen übernommen aus: LINK.
Ergebnisse aus Tierversuchen
In Mäusen schützte LNX-D09 allein vor dem Gift von sechs Elapid-Arten. Zusammen mit dem Wirkstoff Varespladib wurde der Schutz auf weitere Arten ausgedehnt. Die Kombination aus beiden Antikörpern und Varespladib schützte schließlich vor 13 von 19 getesteten Schlangenarten vollständig, bei den übrigen sechs wurde ein teilweiser Schutz erreicht. Kontrolltiere ohne Antikörper starben innerhalb von 12 Stunden.Dieser Dreikomponenten-Cocktail ist ein entscheidender Schritt hin zu einem breit wirksamen, rekombinanten Antigift gegen Giftnattern (Elapiden). Weitere präklinische Studien zur Optimierung und Sicherheit laufen bereits.
Ebenfalls wichtig ist, dass sich dieses Prinzip künftig überall dort anwenden lässt, wo der gezielte Einsatz auf konservierte Bindungsstellen eine breit angelegte Neutralisation ermöglicht – beispielsweise bei Vipernbissen, bakteriellen Toxinen oder Viren.
Fazit
- Der neue Antikörper-Cocktail überwindet die Grenzen herkömmlicher Antivenome und bietet erstmals einen breiten Schutz vor Schlangengiften der Giftnattern (Elapiden). In den nächsten Jahren stehen präklinische Optimierungen und erste klinische Studien an.
- Der Erfolg dieser Vorgehensweise sollte dazu motivieren bei anderen Vergiftungen und Infektionen ähnliche therapeutische Ansätze zu entwickeln.
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Verantwortlicher: Klaus Rudolf; Kommentare und Fragen bitte an: rudolfklausblog@gmail.com
Auf diesem Blog teile ich meine persönlichen Meinungen und Erfahrungen . Es ist wichtig zu betonen, dass ich weder Arzt noch Finanzberater bin. Jegliche Informationen, die ich in meinem Blog vorstelle, stellen weder Anlageempfehlungen noch Therapieempfehlungen dar. Für fundierte Entscheidungen in Bezug auf Gesundheitsfragen oder Finanzanlagen empfehle ich, sich umfassend zu informieren und bei Bedarf einen professioniellen Experten zu konsultieren.
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